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24.1. und 31.1.2023

Dr. phil. Jakob Knaus

JOACHIM RAFF UND OTHMAR SCHOECK, ZWEI SCHWEIZER KOMPONISTEN

 

Knaus

Beide Schweizer Komponisten sind im Kanton Schwyz geboren, Joachim Raff (1822-1882) in Lachen und Othmar Schoeck (1886-1957) in Brunnen.

Joachim Raffs Vater war Schulmeister und Musiklehrer und war 1810 vor einer württembergischen Zwangsrekrutierung in die Schweiz geflüchtet, seine Mutter war die Tochter des Ochsenwirts aus Lachen, Katharina Schmid. In jungen Jahren wurde Raff durch Franz Liszt und Felix Mendelssohn Bartholdy gefördert. Als Hörbeispiele kamen die Besucher in den Genuss verschiedenster Ausschnitte aus seinen Werken, u.a. die Symphonie Nr. 5, «Leonore» op. 177, wo das Lied «Was ist des Deutschen Vaterland?» vorkommt (Text Ernst Moritz Arndt, im Nationalsozialismus gesungen), die Symphonie Nr. 3, «Im Walde», die Schweizerweisen z.B. «Kuhreihen zum Aufzug auf die Alp im Frühling». Raffs Tätigkeitsgebiete waren Wiesbaden, Frankfurt, Weimar u.a. Sein Grab befindet sich in Frankfurt. Angeeckt ist Raff wegen einer Schrift, in der er sich mit Richard Wagner überwarf, der seinerseits in einer Replik Raff kritisierte. Zwischen Richard Wagner und Joachim Raff herrschte ein ambivalentes Verhältnis. Zitat aus SWR2 Musikstunde «Es gibt auch heitere Momente zwischen Raff und Wagner. So liest Wagner eines Tages bei geöffnetem Fenster der Raffs in der Stube laut eine Raufszene aus seinen Meistersingern vor. Wagner ist dabei derart enthusiastisch und theatralisch, dass tatsächlich Menschen auf der Straße denken, im Raffschen Hause wäre eine ernsthafte Prügelei im Gange». Raffs Werke wurden während seines Lebens häufig aufgeführt, im 20. Jahrhundert wurde er aber weitgehend vergessen.

Othmar Schoeck, viel später als Raff geboren, war zeitlebens in der Schweiz tätig und kann als Spätromantiker bezeichnet werden. Sein am meisten aufgeführtes Werk ist wohl die «Sommernacht, pastorales Intermezzo» op. 58, das als Auslöser das Gedicht von Gottfried Keller nennt und im Jahre 1945 entstanden ist. Der Referent stellte als erstes den Finalsatz des Hornkonzerts op. 65, entstanden im Jahre 1951, vor. Schoecks Hauptwerk sind seine Lieder-Kompositionen. Er schrieb über 350 Lieder mit Klavierbegleitung, zudem 5 grosse Liederzyklen mit Begleitung von Instrumenten und eine Reihe von Chorliedern. Die Texte hat er bei Goethe, Lenau, Eichendorff und Mörike gefunden, aber auch bei Schweizer Dichtern, wie Gottfried Keller, Heinrich Leuthold und Conrad Ferdinand Meyer. Als Tonbeispiel von Schoecks Lieder-Kompositionen wurde «Der römische Brunnen», eines Gedichts von C.F. Meyer gespielt. Das Lied entstand 1948 in Männedorf am Zürichsee in der Villa der Alma Terlinden. Weitere Lieder Schoecks waren während des Referats zu hören, wie Nachruf op. 20/14 mit dem Text von Eichendorff, Auf ein Kind op. 20/1 mit dem Text von Ludwig Uhland oder auch Ungeduld nach dem Text von J.W. v. Goethe. Herzlichen Dank dem Referenten, Dr. Jakob Knaus, für die immer spannenden und exzellenten Vorträge.

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21.2.2023

Dr. rer. pol. Natascha Hebestreit, FFHS

DIE VERANTWORTUNG DES WIRTSCHAFTSAKTEURS

 

Knaus

Die Referentin vertritt die These, dass für einen Wirtschaftsakteur die Verantwortung darin besteht, berechtigte Vertragsansprüche zu erfüllen. Wenn nämlich derzeit in der Wirtschaft von "Verantwortung" gesprochen wird, verbirgt sich dahinter eine höchst individuelle Interpretation. Es scheint, als könne eine Vielzahl unterschiedlichster Handlungen in diesen positiv besetzten Mantelbegriff gehüllt werden. Tatsächlich handelt es sich bei der Verantwortung aber um ein ganz konkretes Konzept, das wenig Spielraum für persönliche Auslegung lässt. Die Wirtschaftswissenschaften haben es allerdings bisher versäumt, die Verantwortung auf einen Begriff zu bringen, der es erlaubt, verantwortungsvolle Handlungen klar von Verantwortungslosigkeit zu unterscheiden. Die Referentin demonstrierte mit diversen eindrücklichen Beispielen aus der Wirtschaft die aktuelle Problematik des Themas und zeigte Lösungsansätze, die insbesondere bei der heutigen Klimasituation keine Verzögerung erlauben. Besten Dank an Frau Dr. Hebestreit für die klaren, beeindruckenden Ausführungen.

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14.3.2023

lic. phil. Michael Zurwerra, FFHS

DAS PRINZIP DER TAUSCHGERECHTIGKEIT ALS WIRTSCHAFTSETHISCHES KONZEPT

 

Knaus

In seinem Vortrag ging der Referent zunächst auf den Begriff der Moral ein. In unserer heutigen Gesellschaft kann diese nicht länger als allgemeingültig gesetzt werden. Vielmehr ist es so, dass wir Menschen im Verlauf unseres Lebens diverse Funktionen erfüllen, nach denen wir beurteilt werden. Was ich also beispielsweise als Privatperson durchaus tun darf, darf ich in meiner Rolle als Politiker, Arbeitnehmer etc. nicht. Auch die Begriffe Wahrheit und Verantwortung sind schwammig. Aus all dem folgt, dass es keine allgemeingültigen ethischen Prinzipien gibt; entsprechend sind Moral und insbesondere die Frage nach der Gerechtigkeit primär im kleinen Raum und auf konkrete Themen anzuwenden. Eine Position, welche der Vortragende vorstellte, ist das Prinzip der Tauschgerechtigkeit, wie es der deutsche Philosoph Otfried Höffe entwickelt hat. Dieser sieht Gerechtigkeit als Tausch, bei dem gleichberechtigte Partner miteinander interagieren. Somit setzt sie gegenseitige Zustimmung voraus. Weiter ist ein Tausch nur dann gerecht, wenn er allen Beteiligten Vorteile bringt. In diesem Sinn lassen sich Menschenrechte wie Freiheit, Sicherheit etc. als «transzendentaler Tausch» betrachten, bei dem der Staat lediglich eine Kontrollfunktion ausüben sollte. Gerechtigkeit ist somit keine Ideologie mehr, sondern, wie der Referent ausführte, «eine lebenslange Aufgabe», die insbesondere auch im wirtschaftlichen Kontext verstärkt ernst zu nehmen ist. Vielen Dank an Herrn Zurwerra für diese prägnanten Erläuterungen. (Zusammenfassung Nicolas Eyer)

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11.4.2023

Pfr. Paul Martone

BISCHOF WILHELM EMMANUEL VON KETTELER

Ein grosser "Briger" Student (1824-1828)

 

Knaus

Die Biographie des berühmten Briger-Studenten und späteren Bischofs Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1811-1877) wurde durch den Referenten, Pfarrer Paul Martone, anschaulich und spannend beschrieben. Mit dem Referat wurde zudem ein Bezug zur Briger Lokalgeschichte hergestellt. Das Briger Kollegium zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter der Führung der Jesuiten befand sich in einer bewegten Zeit und der Referent beschrieb die Epoche und die Jugendjahre des adligen Heisssporns Freiherrn von Ketteler im Kollegium Spiritus Sanctus mit anschaulichen Ereignissen. Zur gleichen Zeit besuchte auch Anton Anderledy (1819-1892), der spätere Jesuitengeneral das Jesuitenkollegium in Brig. Sowohl Ketteler wie Anderledy sind heute im Gedächtnis des Oberwallis nicht nur mit Strassenbezeichnungen erhalten geblieben. Wilhelm Emmanuel von Ketteler erhielt nach dem Briger-Aufenthalt im westfälischen Münster sein Abitur-Zeugnis, worauf er Rechts- und Staatswissenschaften in Göttingen studierte. Als schlagender Student mit ungestümen Temperament verlor er seine Nasenspitze. Ketteler trat anschliessend in den Staatsdienst des Landes Preussen ein, quittierte jedoch den Dienst aus Glaubens- und Gewissensgründen, insbesondere wegen der Verhaftung und Inhaftierung des Kölner Erzbischofs Clemens August Droste zu Vischering. Anschliessend studierte er von 1841 bis 1843 Theologie in München. Das 19. Jahrhundert war während der Industrialisierung durch soziale Probleme und durch Elend und Not der verarmten Bevölkerung gekennzeichnet, was Ketteler in seinen Pfarrstellen tief bewegte. 1848/49 wurde Ketteler Mitglied der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. Sein Einsatz und sein Engagement für die sozial verarmte Bevölkerung machten Ketteler landesweit bekannt. Im August 1849 legte er sein Mandat bereits nieder und wurde 1850 zum Bischof von Mainz gewählt. Kirchenpolitisch setzte Ketteler sich für die Autonomie und Macht der katholischen Kirche ein und war erklärter Gegner der Trennung von Staat und Kirche, was ihn zum Widersacher Bismarcks im Kulturkampf machte. Unter dem Einfluss seines Münchener Studienfreundes Adolph Kolping erkannte Ketteler die Bedeutung der Sozialen Frage in der neu entstehenden Industriegesellschaft und bereitete die Hinwendung der katholischen Kirche zur Sozialtätigkeit zum Wohle der Arbeiterschaft vor, die schliesslich unter Papst Leo XIII. in seiner wichtigen Enzyklika «Rerum novarum» von 1891 zum Ausdruck kam und die als Mutter aller Sozialenzykliken in die Geschichte eingegangen ist. Auch für Papst Johannes Paul II. war Ketteler ein «grosser Vorkämpfer und Apostel in der Sozialen Frage» des 19. Jahrhunderts, und Papst Benedikt XVI. nannte ihn in seiner Enzyklika «Deus caritas est» 2005 einen Wegbereiter der katholischen Soziallehre. Im Gegensatz zu Marx und Engels verteidigte Ketteler das Privateigentum. Ketteler nahm auch am ersten vatikanischen Konzil teil und war ein Gegner der Unfehlbarkeitserklärung des Papstes, er unterwarf sich aber dem Konzilsbeschluss. Besten Dank an Pfr. Paul Martone für den interessanten und wichtigen Vortrag, der eine Ergänzung zu den beiden vorausgegangenen Referaten zur Wirtschaftsethik darstellt.

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12.6.2023

KULTURREISE SIZILIEN 

 

26 Miglieder des Vortragsvereins begaben sich vom 5. bis 12. Juni 2023 auf Kulturreise nach Sizilien. Die Insel wurde von den verschiedensten Kulturen und Völkern geprägt: die Architektur wurde durch Griechen, Römer, Normannen, Phönizier, Spanier, Araber und Christen beeinflusst und ist allüberall in Sizilien sichtbar. In Palermo wurden die einmaligen Mosaiken im Dom von Monreale bestaunt. Auch die im Stadtkern von Palermo gelegene Kathedrale mit dem Sarkophag des letzten Stauferkaisers Friedrich II und seiner Verwandtschaft hinterliessen einen geschichtsträchtigen Eindruck. Der Adelspalast Palazzo Conte Federico mit einer Führung durch die Gräfin persönlich zeigte die Wohnweise der gehobenen Gesellschaft in alten wie in heutigen Zeiten.  In Segesta, Selinunte, in Agrigent, Syrakus und auch in Taormina wurden griechische Tempel, griechische Theater, römische Amphitheater, Grabstätten und alte arabische Brunnen besucht und bewundert. Die Flora, die Gärten und die Agrikulturen Siziliens sind überaus reichhaltig und betören Augen und Sinne. Die sizilianische Küche bietet unglaubliche Erlebnisse, einfach und köstlich, was die Reisegruppe tagtäglich geniessen durfte. Nur bereits die Vielzahl der vorzüglichen Weine ist eine Reise wert. Die Fahrten über Land zeigten die hügelige, eindrückliche und betörende Landschaft. Die höchste Erhebung bildet der Aetna, dessen Ausbrüche mit seinen Lavaströmen fruchtbare Erde hervorbringt. Das Meer ist rund um die Insel überall präsent und bietet ebenfalls schöne und spektakuläre Aussichten. Die Reisegruppe des Vortragsvereins wird die diesjährige Kulturfahrt durch Sizilien nicht so schnell vergessen.

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8.9.2023

Tagesausflug Siders 

 

Siders

Über 30 Mitglieder des Vortragvereins liessen sich unter kundiger Begleitung von Frau Carmela Kuonen Ackermann durch die kunsthistorischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten von Siders/Sierre führen.

«Ab dem 11. Jahrhundert war Siders eine Herrschaft des Bischofs von Sitten, der sie durch Viztume und Meier, ab 1293 durch Kastlane verwalten liess. Die Adelsfamilien und die Bevölkerung bewohnten die Hügel Gerunden, Le Vieux-Sierre und Plantzette. Auf jedem dieser Hügel befand sich eine Burg, die den Viztumen und Meiern als Wohnsitz und der Bevölkerung als Zufluchtsort diente. Die Burgen wurden Mitte des 14. Jahrhunderts geschleift, als die Adelsfamilien mit dem Bischof von Sitten und die Oberwalliser Zenden mit den Grafen von Savoyen im Krieg standen. Die zerstörten Orte wurden verlassen und die meisten Bewohner, die Adligen und die bischöflichen Beamten siedelten sich weiter nördlich, in Plan-Sierre, an [...] Siders ist eine der ältesten Pfarreien der Diözese Sitten. Die frühesten Spuren der Pfarrkirche Saint-Martin auf dem Hügel Gerunden reichen in die Mitte oder die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts zurück. 1331 wurde das Pfarreizentrum in die Kapelle Notre-Dame du Marais in Plan-Sierre verlegt. Einige Jahre nach der Aufhebung der Pfarrei Villa wurde 1687 die heutige Pfarrkirche Sainte-Catherine geweiht » (HLS).

Rainer Maria Rilke liess sich durch Siders und seine Umgebung begeistern. «Der seit 1919 in der Schweiz weilende Dichter hatte Sion und Sierre schon 1920 besucht. In Genf hatte er Gemälde von Alexandre Blanchet bewundert, die den Markt in Sitten und die Weinlese im Wallis darstellen. Im Juni 1921 erneuert er diese Fahrt zusammen mit seiner Freundin Baladine Klossowska. In Sierre steigen sie im Hotel Bellevue ab und machen sich auf die Suche nach einer Bleibe. Kurz vor ihrer Abreise entdecken sie in einem Schaufenster den Hinweis auf ein kleines mittelalterliches Schlösschen, das Château Muzot, das zu mieten oder zu kaufen ist. Rilke besichtigt den Ort und ist bei allem Zögern begeistert. Auf Rilkes Ersuchen mietet sein Gönner Werner Reinhart das Schlösschen und erwirbt es im Jahr darauf. Rilke bedarf der Ruhe und der Einsamkeit. Muzot ermöglicht ihm den Anschluss an die literarische Produktivität seiner Vorkriegsjahre» (Fondation Rilke).

Das Château Muzot ist in Privatbesitz und konnte nicht besucht werden. Das «De Sepibus»-Haus mit dem von Rilke besungenen Nussbaum (Gedicht Le Noyer) konnte von aussen besichtigt werden. Das im Zentrum der Stadt Siders gelegene Schloss « Château des Vidômes » (Viztum-Turm) ist das älteste Gebäude der Stadt. Das Rathaus, ein ehemaliges Patrizierhaus, stammt aus dem 17. Jahrhundert. Das ehemalige Schloss Château de la Cour wurde 1885 bis 1888 zum Hotel Château Bellevue umgebaut, wo auch Rilke abgestiegen ist. Die barocke Stadtkirche St. Catherine und ihr Kirchenschatz hinterliessen einen bleibenden Eindruck. Auch die schlichte Kirche Notre-Dame des Marais war besuchenswert. Ein erstes Gebäude, das dem heiligen Theodul geweiht war, wurde um 1310 - 1317 errichtet. Eine Vergrößerung der Kapelle wurde 1422 fertiggestellt. Im Jahr 1524 behielt der Architekt Ulrich Ruffiner von der alten Kirche nur das Kirchenschiff und den Glockenturm und baute den Chor, der durch die Rippen seiner Gewölbe gekennzeichnet ist, neu auf. Nach dem Mittagessen im Château de Villa hatten die Besucher Gelegenheit, dieses alte Patrizierhaus aus dem 17. Jh. mit seiner Wendeltreppe, seinen eindrücklichen Räumen, der schönen hölzernen Täfelung und den schönen Kaminen und Öfen zu besichtigen. Wir danken Frau Carmela Kuonen Ackermann bestens für die exzellente Führung.

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12.9.2023

Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Arnold Benz

DAS UNIVERSUM - WISSEN UND STAUNEN

 

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Ausgehend vom Weltbild des Kopernikus (1473-1543) führte der Referent die Anwesenden bis zu den neuesten Bildern unseres Universums, viele mit dem Hubble-, einige mit dem James Webb-Teleskop aufgenommene Fotografien. Prof. Benz beschrieb neben unserem Sonnensystem die vielen Galaxien, zeigte Sterne und Planeten im Entstehen, dunkle Materie, Materiewolken usw. Die heutigen Möglichkeiten bei der Erforschung des Universums umfassen nicht nur das sichtbare Licht, sondern auch nicht sichtbare Wellenlängen. Die Entfernungen im Universum sind gewaltig und werden in Lichtjahren gemessen. Das Licht braucht Millionen und Milliarden Lichtjahre bis es auf unseren Planeten trifft und wir zu den Anfängen des Weltalls sehen können. Nach heutigen Messungen entstand das Universum vor 13.8 Milliarden Jahren. Wenn Kopernikus noch von einem statischen Universum ausging, so wissen wir heute, dass die kosmologischen Prozesse weitergehen, neue Sterne, neue Galaxien entstehen und vergehen. Die Energien in den Sternen, auch in unserer Sonne, entstehen bei extrem hohen Temperaturen, indem sich Wasserstoffatome zu Helium verbinden und bei diesem Prozess hohe Energien freisetzen. Kurz nach dem Urknall gab es nur leichte Elemente, vor allem Wasserstoff und Helium. Schwerere Atome entstanden erst im Lauf von Jahrmilliarden durch Fusionsprozesse in Sternen und gewaltige Explosionen im Weltall. Die kosmologischen Prozesse unterliegen physikalischen und mathematischen Gesetzen und basieren auf Naturkonstanten, wie der Gravitationskonstante. Der Referent zeigte eindrücklich, dass bei minim anderen Naturgesetzen habitable Planeten wie die Erde nicht möglich wären. War das Universum somit ein Design oder war es Zufall? Anthropisches Prinzip? Mit unseren physikalischen und mathematischen Möglichkeiten kann ein Schöpfergeist nicht nachgewiesen werden. Hier fängt unser Staunen über die Schönheit und die Gesetzmässigkeiten der Schöpfung an und wie es Prof. Benz ausdrückt: «Wer staunt, tritt in eine Beziehung zum Universum und fragt nach dem Sinn, der Bedeutung des Menschen und der Zukunft. Es sind dieselben philosophischen und religiösen Fragen, welche die Wissenschaft nicht beantworten kann und die uns auch in der menschlichen Existenz begegnen». Wir danken Herrn Prof. Benz ganz herzlich für den interessanten und eindrücklichen Vortrag.

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17.10. und 14.11.2023

lic. phil. Engelbert Reul

LITERATUR UM 1800, VON KLASSIKERN UND ANDEREN

 

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Mit zwei Vorträgen präsentierte der Referent die deutsche literaturgeschichtliche Zeit um 1800. Es war eine sehr bewegte zeitgeschichtliche Periode, in der sich verschiedenartige Strömungen politisch, philosophisch und künstlerisch begegneten, die Zeit in Europa vor und nach der französischen Revolution und während der napoleonischen Wirren. Die deutsche literaturgeschichtlich als Klassik bezeichnete Zeit fand nicht nur, aber vorwiegend in einer kleinen Residenzstadt eines sächsischen Herzogtums, in Weimar, statt. Unter der Regierung des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757-1828) wurden hervorragende Köpfe, Literaten und Professoren nach Weimar und an die nahe Universität von Jena berufen. Johann Wolfgang Goethe (1749-1832) kam im Jahre 1775 nach Weimar, wo er bis zu seinem Tode blieb. 1792 wurde er mit einem kaiserlichen Adelsbrief geadelt. Der Referent zeigte eindrücklich anhand literarischer Texte ("Prometheus", "Das Göttliche"), wie Goethe in seinen frühen literarischen Schriften noch dem Sturm und Drang verpflichtet war und wie er vor allem nach der italienischen Reise sich der später als Klassik bezeichneten Schaffensperiode zuwandte. «Die Leiden des jungen Werther», jenes Buch, das ihn nach der Publikation im Jahre 1774 berühmt gemacht hat, unterzog er 1787 einer angepassten Revision. Für ein exemplarisches Werk der Weimarer Klassik gilt Goethes «Iphigenie auf Tauris» mit einem streng formalen Aufbau, der Einhaltung der drei Einheiten von Ort, Zeit und Handlung, zudem auf einem antiken griechischen Stoff und der Darstellung eines Ideals beruhend. Friedrich Schiller (1759-1805) stand in der Tradition der Aufklärung und war mit Goethe befreundet. Für Schiller war die «Schaubühne» eine ästhetische Anstalt. Beispielhaft diesbezüglich zählt Schillers «Don Karlos». Vorerst in Jena wohnhaft, bezog Schiller im Jahre 1802 in Weimar ein Haus und wurde wie Goethe geadelt. Mit einem historischen Stoff gehört Schillers Drama «Maria Stuart. Trauerspiel in fünf Aufzügen» zu den meistgespielten Stücken auf deutschsprachigen Bühnen.

Es gelang dem Referenten anhand verschiedenster Autoren, die im gleichen Zeitabschnitt geboren wurden, zu zeigen, wie unterschiedliche geistige Strömungen und literarische Ausdrucksformen gleichzeitig präsent waren. Die «Herzergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders» von Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773-1798) stehen beispielhaft für einen Gegenentwurf zu den klassischen Schriften von Goethe und Schiller, wo eine neue Sicht auf die Natur einen frühen Romantiker erkennen lässt. Der Freund von Wackenroder, Ludwig Tieck (1773-1853) vertrat in seinem Künstlerroman «Franz Sternbalds Wanderungen, eine altdeutsche Geschichte» ebenfalls einen mit Wackenroder seelenverwandten romantischen Stoff. Wackenroder und Tieck und ihre Texte wurden zur geistigen Quelle für die sogenannten Nazarener. Friedrich Schlegel (1772-1829) gab zwischen 1798 und 1800 die Zeitschrift «Athenäum» heraus, die als die zentrale Schrift der Frühromantik angesehen wird. Zusammen mit seinem Bruder August Wilhelm Schlegel (1767-1845) machten die Brüder das Fragment zur literarischen Gattung, eine Literaturform, die sich ebenfalls von der klassischen Form abhebt. Friedrich Freiherr von Hardenberg, genannt Novalis (1772-1801) verkörpert mit der blauen Blume in seinem Roman «Heinrich von Ofterdingen» ein Symbol der Romantik. Jean Paul (1763-1825) setzte sich in seinem Roman «Titan» kritisch mit den Weimarer Klassikern auseinander. Der Roman taucht ein in eine andere, von klassischen Werken unterschiedliche Welt des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Friedrich Hölderlin (1770-1843) und sein Werk «Brod und Wein» sind Elegien, die an die Lyrik der griechischen Antike anlehnen und bestehen aus Hexametern und Pentametern. In seinem Referat der Literatur um 1800 kam Engelbert Reul schliesslich auf Heinrich von Kleist (1777-1811) zu sprechen, einem Aussenseiter, literarisch wie gesellschaftlich. Mit «Michael Kohlhaas» schuf Kleist einen gegensätzlichen Charakter («einer der rechtschaffensten und zugleich entsetzlichsten Menschen seiner Zeit»). Wir danken Engelbert Reul ganz herzlich für die beiden spannenden und inspirierenden literarischen Abende.

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Vortragsverein